Wenn Computer Feedback geben
Über die Rolle von computerbasiertem Feedback und dessen Auswirkungen auf Motivation und Emotionen
Livia Kuklick

Feedback kann eine Vielzahl von (z. B. lernbezogenen oder motivationalen) Funktionen erfüllen und ist daher ein elementarer Bestandteil der Unterrichtspraxis. Durch den zunehmenden Einsatz digitaler Medien in- und außerhalb des Klassenzimmers gewinnt neben den Lehrkräftenals „klassische“ Feedbackquelle auch computerbasiertes Feedback an praktischer Relevanz. Insbesondere in Tests, die von vielen Testteilnehmenden gleichzeitig bearbeitet werden, erscheint eine Bereitstellung von automatisiertem Feedback attraktiv. Ein computervermitteltes Format ermöglicht es, dass jede Testteilnehmerin und jeder Testteilnehmer unmittelbar nach der Bearbeitung einer Aufgabe eine individuelle Rückmeldung erhalten kann. Dies könnte vor allem in Zeiten des Lehrkräftemangels eine attraktive Unterstützungim Unterrichtsalltag darstellen.
Empirisch zeigt sich, dass unmittelbares, automatisiertes Feedback in Tests das Lernen effektiv fördern kann. Etwas komplexer und nicht unbedingt nur positiv erscheinen jedoch die Auswirkungen von Feedback auf die darauffolgenden Emotionen und die Motivation der Feedbackrezipientinnen und -rezipienten. Im Kontext von unmittelbarem Feedback könnte insbesondere die Ausrichtung einer Feedbackbotschaft (d. h., ob aufgabenbezogener Erfolg oder Misserfolg signalisiert wird) relevant für die entsprechende Wirkung des Feedbacks sein. Kurz gesagt: Während Feedback in der Fachliteratur mehrfach als Tool zur Motivationsförderung vorgeschlagen wird, legt die Theorie nahe, dass leistungsschwächere Testbearbeitende in ihrem emotionalen oder motivationalen Befinden durch negatives Feedback beeinträchtigt werden könnten. Allerdings gibt es bisher kaum empirische Studien, die dies tatsächlich untersucht haben.
In ihrer Dissertation befasste sich IPN-Wissenschaftlerin Dr. Livia Kuklick mit dieser Forschungslücke und untersuchte in einer Reihe von empirischen Experimentalstudien die komplexen Auswirkungen der Bereitstellung von unmittelbarem, automatisiertem Feedback beim digitalen Testen. Dabei lag der Fokus auf dem affektiv-motivationalen Erleben der Testteilnehmerinnen und Testteilnehmer. In den Studien wurde auch analysiert, inwiefern Elemente wie ausführlichere Feedbackinhalte oder ein ansprechendes Feedbackdesign mit Farben, Animationen oder Bildern positive Effekte haben können. Das Hauptziel der Arbeit war es, praxisrelevante und empirisch fundierte Empfehlungen für die Gestaltung von digitalem Feedback im Testkontext zu entwickeln.
Feedback als zweischneidiges Schwert
Die Ergebnisse der Studien zeigten insgesamt, dass positives Feedback (d.h. nach korrekten Antworten) im Vergleich zu keinem Feedback stets vorteilhafte Auswirkungen hatte. Das zustimmende Feedback beeinflusste vor allem die Emotionen und Motivation der Testteilnehmenden positiv. Diese Befunde deuten darauf hin, dass automatisiertes Feedback im digitalen Testen insbesondere als positive Verstärkung dienen könnte, beispielsweise in einfacheren Tests oder bei Personen mit hohem Leistungsniveau.

Negatives Feedback (d.h. nach falschen Antworten) erwies sich hingegen als zweischneidiges Schwert: Einerseits trug es positiv zur Fehlerkorrektur bei und half den Testteilnehmenden, ihre Leistung genauer einzuschätzen, andererseits wirkte es sich unvorteilhaft auf das affektiv-motivationale Erleben der Testteilnehmenden aus. Diese Zweischneidigkeit bedeutet für die Praxis, dass die Bereitstellung von unmittelbarem Feedback Abwägungssache ist, je nachdem, welche Funktion das Feedback erfüllen soll. Steht beispielsweise das Lernen im Vordergrund, kann eine unmittelbare Fehlerkorrektur wünschenswert sein. Die potenziellen negativen affektiv-motivationalen Auswirkungen einer entsprechenden Fehlerkorrektur sollten jedoch mitgedacht werden, denn eine wiederholte Konfrontation mit aufgabenbezogenem Misserfolg mittels Feedback könnte zu einer systematischen Benachteiligung leistungsschwacher Testteilnehmender führen. Dabei stellte die Testleistung einen entscheidenden Faktor dafür dar, wie sich die Bereitstellung von Feedback auf die Emotionen der Testteilnehmenden auswirkte. So berichteten Personen, die unmittelbares Feedback erhielten, mehr Freude und Stolz gepaart mit weniger Ärger und Frustration nach positivem Feedback. Nach negativem Feedback hingegen waren die Effekte umgekehrt und die Testteilnehmenden empfanden mehr Ärger und Frustration bei weniger Freude und Stolz. Das zeigt, wie wichtig es ist, die Leistung der Zielgruppe mitzudenken, wenn darüber nachgedacht wird, Feedback als emotionale Stütze während der Testbearbeitung bereitzustellen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, das Feedback sich möglicherweise besonders gut als positive Verstärkung eignet.

Visuelle und inhaltliche Ausgestaltung als abmildernde Faktoren
Wenngleich die affektiv-motivationalen Auswirkungen von negativem Feedback in keiner der Studien positiv waren, zeigten die Ergebnisse, dass sich die Wirkung von Feedback durch die inhaltliche oder visuelle Ausgestaltung der Feedbackbotschaft beeinflussen ließ. Feedback mit geringem Informationsgehalt wie eine bloße Richtig/Falsch-Rückmeldung oder auch reines Textfeedback (ohne Bilder und/oder Animationen) zeigte die unvorteilhaftesten Auswirkungen auf Emotionen und die Motivation während der Testbearbeitung. Dahingegen konnten (1) ein detaillierter Feedbackinhalt sowie (2) die Integration von Bildern oder freundlichen Animationen die nachteiligen affektivmotiva-tionalen Auswirkungen von negativem Feedback abmildern. In ihrer Gesamtheit zeigten die Ergebnisse jedoch deutlich, dass die (überwiegende) Positivität der Feedbackbotschaften der ausschlaggebendere Faktor für die Wirkung des Feedbacks war.
Fazit
Zusammenfassend tragen die hier vorgestellten Erkenntnisse zu einem besseren Verständnis der vielschichtigen Effekte von automatisiertem Feedback bei und können so die Praxis dabei unterstützen, automatisiertes Feedback in Schulen, Hochschulen und anderen Bildungskontexten gezielter einzusetzen und gewinnbringender zu nutzen. Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass es insbesondere für die Entwicklung negativer Feedbackbotschaften Fingerspitzengefühl bedarf. Zukünftige Forschung sollte daher vertiefend Wege erforschen, wie unmittelbares, negatives Feedback in digitalen Kontexten gewinnbringend gestaltet werden kann. Mit ihren Studien liefert Dr. Livia Kuklick dabei erste Hinweise darauf, dass ein elaborierter Feedbackinhalt und multimediale Elemente in der Feedbackbotschaft gute Ansatzpunkte hierfür sein könnten.
Take-Home-Messages
- Sinnbildlich gesprochen können die Auswirkungen von unmittelbarem Feedback im digitalen Testen als zweischneidiges Schwert verstanden werden: Einerseits fördert Feedback das Lernen durch Fehlerkorrektur und verbessert die Fähigkeit zur Selbsteinschätzung, andererseits wirkt es sich vor Allem dann vorteilhaft auf das affektiv-motivationale Erleben der Testteilnehmenden aus, wenn es positiv ist. Negatives Feedback kann im Vergleich zu keinem Feedback sogar unvorteilhafte affektiv-motivationale Auswirkungen haben und so möglicherweise insbesondere leistungsschwache Personen systematisch benachteiligen.
- Ein elaborierter Feedbackinhalt, aber auch Animationen und/oder Bilder in einer Feedbackbotschaft können dabei unterstützen, die unvorteilhaften affektiv-motivationalen Auswirkungen negativen Feedbacks abzufedern. Um den Nutzen der Bereitstellung von automatisiertem Feedback beim digitalen Testen zu maximieren, ist es daher wichtig, sowohl auf die inhaltliche als auch auf die visuelle Gestaltung der Feedbackbotschaften zu achten.
Über die Autorin:

Dr. Livia Kuklick hat an der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel Psychologie studiert und ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Erziehungswissenschaft des IPN. Hier beschäftigt sie sich mit Fragen der Effekte des Testens und Lernens mit unmittelbarem (multi-medialem) Feedback sowie mit kognitiven und affektiv-motivationalen Prozessen bei der Bearbeitung von Leistungstests. Die hier vorgestellten Arbeiten sind Teil ihrer Dissertation, welche sie im Mai 2023 erfolgreich abgeschlossen hat. kuklick@leibniz-ipn.de
Weiterführende Literatur:
Kuklick, L., Greiff, S., & Lindner, M. A. (2023). Computer-based performance feedback: Effects of error message complexity on cognitive, metacognitive, and motivational outcomes. Computers & Education, 200, Article 104785. https://doi.org/10.1016/j.compedu.2023.104785
Kuklick, L., & Lindner, M. A. (2021). Computer-based knowledge of results feedback in different delivery modes: Effects on performance, motivation, and achievement emotions. Contemporary Educational Psychology, 67, 102001. https://doi.org/10.1016/j.cedpsych.2021.102001
Kuklick, L., & Lindner, M. A. (2023). Affective-motivational effects of performance feedback in computer-based assessment: Does error message complexity matter? Contemporary Educational Psychology, 73, Article 102146. https://doi.org/10.1016/j.cedpsych.2022.102146