QuaMath – Mathematikunterricht nachhaltig verbessern

Wie ein bundesweites Qualifizierungs- und Fortbildungsprogramm die Qualität des Mathematikunterrichts systematisch stärkt

Wenn Kinder und Jugendliche im Klassenzimmer anfangen zu tüfteln, Fragen zu stellen und über Lösungen zu diskutieren, zeigt sich, was guten Mathematikunterricht ausmacht: aktives Denken. Doch diese Form des Lernens ist in deutschen Schulen nicht selbstverständlich. Nationale und internationale Vergleichsstudien wie TIMSS und PISA – zuletzt der IQB-Bildungstrend 2024 – verzeichnen seit Jahren rückläufige Leistungen in Mathematik. Viele Schülerinnen und Schüler erreichen die Mindeststandards nicht mehr.

Dabei ist Mathematik grundlegend für Bildungsbiografien, Studienerfolg und berufliche Chancen. Wie kann Unterricht so gestaltet werden, dass Kinder und Jugendliche Mathematik verstehen, anwenden und als sinnvoll erleben?

Ein Programm zur Stärkung mathematischer Bildung

Mit dieser Frage beschäftigt sich das Programm »QuaMath – Unterrichts- und Fortbildungs-Qualität in Mathematik entwickeln«, das die Kultusministerkonferenz (KMK) gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Lehrkräftebildung Mathematik (DZLM) auf den Weg gebracht hat. Das im Jahr 2023 gestartete und auf zehn Jahre angelegte Programm zielt darauf ab, die Qualität des Mathematikunterrichts bundesweit systematisch zu stärken und nachhaltig in der Praxis zu verankern.

Koordiniert wird QuaMath vom DZLM an der Abteilung Fachbezogener Erkenntnistransfer des IPN mit Hauptstandort in Berlin. Zwölf DZLM-Hochschulstandorte sind an der inhaltlichen und wissenschaftlichen Entwicklung beteiligt. QuaMath verbindet Unterrichtsentwicklung, Fortbildung und Forschung zu einem gemeinsamen Ansatz. Dieser ist wissenschaftlich fundiert und langfristig angelegt: Speziell geschulte Multiplizierende – erfahrene Lehrkräfte, die Fortbildungen durchführen – werden umfassend qualifiziert und zertifiziert. Sie arbeiten in Schulnetzwerken mit Lehrkräften daran, Unterricht so zu gestalten, dass mathematische Kompetenzen vertieft und Lernprozesse besser verstanden werden.

Lernen im Netzwerk – mit Schulen für Schulen

Im Zentrum von QuaMath stehen die Schulnetzwerke. In ihnen arbeiten Lehrkräfte einer Schule über mehrere Jahre hinweg mit Kolleginnen und Kollegen anderer Schulen zusammen, tauschen Erfahrungen aus und erproben neue Ansätze für den Unterricht. Meist beteiligen sich zwei bis fünf Lehrkräfte pro Schule an einem Netzwerk, das von einem Tandem aus Multiplizierenden begleitet wird – mit dem Ziel, Unterricht gemeinsam weiterzuentwickeln.

Das QuaMath-Fortbildungssystem ist modular aufgebaut und bietet Angebote für den Primar- und Sekundarbereich, um die Qualität des Mathematikunterrichts langfristig zu verbessern:

  • Basismodule zur Unterrichtsqualität
  • Inhaltsmodule zu mathematischen Themenfeldern
  • Vertiefungsmodule zu Querschnittsthemen wie Differenzierung, Sprachbildung und digitalen Medien

Ein eigener Programmbereich richtet sich an Fachschulen für Sozialpädagogik. Dort werden die Lehrkräfte qualifiziert, die angehende Erzieherinnen und Erzieher ausbilden. Ziel ist es, dass diese Fachkräfte mathematische Bildung bereits im Vorschulalter gezielt fördern können. Das Programm unterstützt sie dabei, Wissen in die Kollegien zu tragen, sodass mathematisches Denken in Kindertageseinrichtungen alltagsintegriert und spielerisch vermittelt werden kann.

Fünf Prinzipien für guten Mathematikunterricht

Alle QuaMath-Module orientieren sich an fünf fachdidaktischen Qualitätsprinzipien. Sie beschreiben, was guten Mathematikunterricht ausmacht – aus Sicht von Forschung und Praxis.

  1. Kognitive Aktivierung – Aktive Lernprozesse anregen
    Guter Unterricht fordert dazu heraus, selbst zu denken und eigene Lösungswege zu entwickeln. Lernende setzen sich aktiv mit Aufgaben auseinander, erkennen Zusammenhänge und übertragen ihr Wissen auf neue Situationen.

  2. Verstehensorientierung – Konzepte, Strategien und Verfahren grundlegen
    Lernende sollen nicht nur Strategien anwenden, sondern auch verstehen, wie und warum etwas funktioniert. Dazu bauen sie Vorstellungen auf und vernetzen Darstellungsformen – etwa Sprache, Bilder und Symbole.

  3. Durchgängigkeit – Langfristiges Lernen ermöglichen
    Mathematische Kompetenzen entwickeln sich über viele Jahre. Nachhaltiger Unterricht knüpft an Bekanntes an, vertieft es schrittweise und greift Verstehenslücken gezielt auf, um den weiteren Lernprozess zu sichern.

  4. Lernendenorientierung & Adaptivität – Lernstände aufgreifen
    Lehrkräfte knüpfen an das Denken der Lernenden an, diagnostizieren individuelle Lernstände und passen Lerngelegenheiten gezielt an, um Verständnis und Motivation zu fördern.

  5. Kommunikationsförderung – Über Mathematik sprechen
    Über mathematische Ideen zu sprechen, ist ein wesentlicher Teil des Lernens. Wenn Lernende erklären, beschreiben und gemeinsam über mathematische Zusammenhänge nachdenken, vertiefen sie ihr Verständnis und entwickeln ihre fachbezogene Sprache weiter.

Ein Programm mit Breitenwirkung

  • 15 Bundesländer beteiligen sich (Ausnahme: Thüringen)
  • 2.439 Schulen nehmen in den ersten beiden Kohorten teil (Ziel bis 2033: 10.000)
  • 8.638 Lehrkräfte arbeiten derzeit in Schulnetzwerken (Stand: 02.09.2025)
  • 515 Multiplizierende sind zertifiziert und weitere folgen
  • 27 Module wurden entwickelt und werden länderübergreifend implementiert

Die bisherigen Erfahrungen sind ermutigend: Bereits im zweiten Programmjahr arbeiten über 8.600 Lehrkräfte aktiv in den Netzwerken mit. Erste Evaluationen zeigen, dass die fortbildungsdidaktische Expertise der Multiplizierenden wächst und Lehrkräfte die fünf Qualitätsprinzipien als bereichernd für ihre Unterrichtsplanung und Reflexion erleben.

Ein aktuelles Beispiel für die lebendige Programmarbeit bot die 4. QuaMath-Bundestagung, die vom 25. bis 27. September 2025 an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg stattfand. Dort kamen erstmals zwei Generationen von Multiplizierenden zusammen: Die erste Generation schloss ihre zweijährige Qualifizierung ab, während die zweite Generation mit dem Basismodul startete. In Workshops, Vorträgen und Diskussionsrunden wurden Erfahrungen ausgetauscht, neue Impulse gesetzt und die gemeinsame Weiterentwicklung des Programms vorangebracht.

Natürlich zeigen sich auch die Herausforderungen eines Programms dieser Größenordnung: Die Personalbindung über einen Zeitraum von zehn Jahren erfordert kontinuierliche Motivation und Unterstützung. Ebenso bleibt die Gewinnung neuer Schulen bei gleichbleibend hoher Qualität in allen Ebenen eine große Aufgabe.

Um die Zielmarke von 10.000 Schulen bis 2033 zu erreichen, wird QuaMath schrittweise ausgeweitet. Neue Schulnetzwerke entstehen in aufeinanderfolgenden Kohorten. Qualifizierte Multiplizierende begleiten die Lehrkräfte dabei und führen die Fortbildungen in den Ländern durch. Für die Auswahl und Betreuung der Schulen sind die Bundesländer verantwortlich. Sie haben dafür Landeskoordinierende und Landesverantwortliche benannt, die das Programm regional steuern und umsetzen. So wächst QuaMath kontrolliert und nachhaltig – Schule für Schule.

15 Bundesländer - Mit 18 Landesverantwortlichen, 21 Landeskoordinierende im Primar- und 24 im Sekundarbereich
12 DZLM-Hochschulstandorte & IPN - Verantworten die Inhalte im QuaMath-Programm

Wissenschaftliche Begleitung

Die wissenschaftliche Begleitung liegt beim IPN und einem Verbund aus zwölf Hochschulen des DZLM-Netzwerks. Sie entwickeln die forschungsbasierten Fortbildungs- und Qualifizierungskonzepte in enger Zusammenarbeit mit Praxisteams und untersuchen, wie die Angebote möglichst wirksam umgesetzt werden können.

Auch die Rahmenbedingungen des Transfers in die Schulpraxis werden untersucht. So zeigt sich beispielsweise, dass Kooperationen unter Fortbildenden die Selbstwirksamkeit stärken – und damit auch die wahrgenommene Machbarkeit und Akzeptanz des Fortbildungskonzepts erhöhen. Soziale Austauschprozesse und persönliche Überzeugungen erweisen sich als zentrale Wirkmechanismen für den erfolgreichen Transfer innovativer Unterrichtskonzepte im Kaskadenmodell.

Das Forschungsdesign ist iterativ aufgebaut: In jeder Phase werden empirische Einsichten zu den initiierten Prozessen und ihren Gelingensbedingungen in die Weiterentwicklung der Module zurückgespielt. Die nächsten Forschungsergebnisse aus dem Programm werden ab 2026 erwartet.

Langfristig angelegt – über 2033 hinaus

QuaMath steht für einen langfristigen Ansatz zur Weiterentwicklung von Unterricht und Fortbildung. Ziel ist nicht nur, 10.000 Schulen zu erreichen, sondern nachhaltige Strukturen aufzubauen: qualifizierte Multiplizierende für den längerfristigen Einsatz, tragfähige Schulnetzwerke und praxiserprobte Materialien, die auch nach Programmende weiter genutzt werden.

Die begleitende Forschung wird zeigen, welche Faktoren diese Verstetigung unterstützen – und welche Erkenntnisse sich daraus auch für andere Fächer gewinnen lassen. So entsteht ein nachhaltiges System, das über 2033 hinaus wirkt.

Weiterführende Informationen

Mehr Informationen zum QuaMath-Programm und zu aktuellen Entwicklungen finden Sie auch auf den Webseiten des DZLM sowie von QuaMath.

QuaMath in den Medien (Auswahl)