Die Lernumgebungen des KI-Labors

Mit den Online-Lernumgebungen des KI-Labors sollen unterrichtliche Zugänge zu verschiedenen Verfahren der künstlichen Intelligenz ermöglicht werden. Zwei der Lernumgebungen des KI-Labors werden in diesem Beitrag vorgestellt.

Andreas Mühling

Die künstliche Intelligenz (KI) ist – weit über das Fach Informatik hinaus – ein spannendes Thema für den Schulunterricht, vor allem in Form ihrer aktuell erfolgreichen Variation des maschinellen Lernens aus großen Datenmengen. Schülerinnen und Schüler nutzen die neusten Systeme generativer KIs wie ChatGPT und unser Alltag ist längst von den Entscheidungen der „künstlichen Intelligenz“ durchdrungen. Im Sinne eines kontextualisierten Fachunterrichts bieten sich dadurch zahlreiche mögliche Aufhänger, wie unter anderem die ökonomische Nutzung von Daten, der Einsatz von KI in der Physik oder Biologie, die Funktionsweise der Systeme sowie ethische und juristische Fragestellungen. Damit ein solcher Unterricht funktioniert, ist ein grundlegendes Wissen über die Systeme notwendig, denn nur dadurch können z. B. die Gefahren und Chancen von KI sinnvoll eingeschätzt werden. Allerdings sind die aktuellen Systeme das Ergebnis von langjähriger Spitzenforschung und daher auf dem Niveau der Sekundarstufen schwer vermittelbar. Auch fehlt es oft an entsprechendem zugänglichem Unterrichtsmaterial.

Das KI-Labor

Abhilfe schafft das KI-Labor (https://ki-labor.ddi.leibniz-ipn.de/). Das KI-Labor wurde von der Arbeitsgruppe Didaktik der Informatik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und des IPN entwickelt und bietet Lehrkräften die Möglichkeit, moderne KI-Verfahren in ihren Unterricht zu integrieren. Die Website ist eine Sammlung von vollständig browserbasiert arbeitenden Online-Lernumgebungen, die auf zwei Prinzipien basieren:

1. Es werden KI-Verfahren in einem Anwendungskontext präsentiert.

2. Jede Lernumgebung enthält Experimentiermöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler.

Die Lernumgebungen lassen sich flexibel in den Unterricht integrieren. Es gibt sowohl didaktisch stark reduzierte und aufbereitete Umgebungen als auch solche, in denen moderne Verfahren an großen Datensätzen erfahrbar gemacht werden.

Weiterführende Literatur:
Mühling, A., & Bastian, M. (2023). KI-Labor: Online-Lernumgebungen zur künstlichen Intelligenz. In J. Roth, M. Baum, K. Eilerts, G. Hornung, & T. Trefzger (Hrsg.), Die Zukunft des MINT-Lernens – Band 2: Digitale Tools und Methoden für das Lehren und Lernen (S. 123–136). Springer Spektrum. https://doi.org/10.1007/978-3-662-66133-8_9

Die Lernumgebung „Perzeptron“

Ein Beispiel für die erste Variante, eine stark aufbereitete Umgebung, ist „Perzeptron“. Hier wird anhand eines interaktiven Comics die Funktionsweise einfacher neuronaler Netze im Kontext der Klassifikation beschrieben. Mit den Parametern eines sehr einfachen Netzes (dem Perzeptron) können Schülerinnen und Schüler zunächst experimentieren und dabei den Lernprozess selbst übernehmen. Für ein komplexeres Netz stößt dieses Vorgehen aber an seine Grenzen und die Notwendigkeit einer automatisierten Optimierung („Lernen“) wird erfahrbar.

Die Lernumgebung „MNIST Zahlenerkennung“

Im Gegensatz dazu wird in der Lernumgebung „MNIST Zahlenerkennung“ mit einem leistungsfähigen neuronalen Netz gearbeitet, das auf einem klassischen Datensatz des maschinellen Lernens beruht – die sogenannte „MNIST" Datenbank. Es geht bei der Lernumgebung um die Fähigkeit von neuronalen Netzen bei der Handschrifterkennung, eine Technik, die z. B. bei der automatischen Sortierung von Briefen zum Einsatz kommt. Zunächst werden Schülerinnen und Schüler zu einem experimentellen Herangehen an ein fertig trainiertes Netz angeleitet. Ziel ist, die Leistungsfähigkeit des trainierten Netzes im Vergleich zum Menschen zu überprüfen. In einem zweiten Schritt heißt es dann: Das Netz selbst trainieren. Die Lernparameter (Hyperparameter) werden zugänglich gemacht und ein untrainiertes Netz kann anhand dieser trainiert werden. Dabei wird erkennbar, dass das Lernen selbst ein gesteuerter, algorithmischer Prozess ist und dass am Ende nicht immer ein ähnlich leistungsfähiges Netz entsteht. Auch die Notwendigkeit leistungsfähiger Hardware wird in diesem Zusammenhang erfahrbar, da das Lernen durchaus die Hardware moderner Systeme beansprucht und auch eine Weile dauert. Aktuell stehen bereits 13 Lernumgebungen online zur freien Verfügung. Sie werden fortlaufend im Unterricht überprüft, wobei sich für die beiden hier vorgestellten Lernumgebungen zeigte, dass sie im Rahmen des Informatikunterrichts in der Sekundarstufe II von Schülerinnen und Schülern selbstständig bearbeitet werden können und Lernerfolge messbar sind. Weitere Angebote werden – zum Beispiel im Rahmen von studentischen Abschlussarbeiten – fortlaufend entwickelt.

Über den Autor:

Prof. Dr. Andreas Mühling ist seit dem Jahr 2016 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) für die Fachdidaktik Informatik zuständig. Er leitet die vor kurzem gemeinsam mit der CAU am IPN eingerichtete Arbeitsgruppe Didaktik der Informatik. muehling@leibniz-ipn.de