Mathematikunterricht verbessern

Das vom IPN koordinierte länderübergreifende Programm QuaMath ist gestartet

Svea Hallemann, Annett Kreuziger, Hans Anand Pant, Susanne Prediger & Christoph Selter

Nicht einmal die Hälfte der Jugendlichen in Deutschland erreicht im Fach Mathematik die Regelstandards. Ein auf zehn Jahre angelegtes Programm der Kultusministerkonferenz soll nun die fachdidaktische Qualität des Mathematikunterrichts im Primar- und Sekundarbereich nachhaltig verbessern. Planungen gehen davon aus, bis zu 10 000 Schulen im Rahmen des Programms durch eine kohärente, fachbezogene, forschungsbasierte und praxisorientierte Fortbildungsinitiative für die Weiterentwicklung des Mathematikunterrichts zu erreichen. Das IPN koordiniert das Programm Unterrichts- und Fortbildungs-Qualität in Mathematik entwickeln (QuaMath). Wir stellen es hier vor.

Die Unterrichtsqualität entscheidet darüber, welche Lerngelegenheiten Kinder und Jugendliche erhalten. Im Fach Mathematik sollen alle Lernenden zum aktiven Denken angeregt werden und durch Gespräche und Aufgabenbearbeitungen ein mathematisches Verständnis entwickeln. Daher ist es wichtig, den Unterricht zielgerichtet weiterzuentwickeln – an diesem Punkt setzt das Zehnjahres-Programm QuaMath an, das von der KMK gefördert wird und im Januar 2023 offiziell gestartet ist. Das Deutsche Zentrum für Lehrkräftebildung Mathematik, das von der IPN-Abteilung Fachbezogener Erkenntnistransfer koordiniert wird, kann auf mehr als zwölf Jahre Erfahrungen in der Entwicklungs- und Professionalisierungsforschung zurückgreifen.

Zwei QuaMath-Phasen

Die Umsetzung des QuaMath-Programms ist in zwei Phasen gegliedert: In den Jahren von 2023 bis 2028 werden die benötigten Strukturen aufgebaut und 400 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren qualifiziert, Fortbildungen durchzuführen und die Schulen zu begleiten. Nach der Basisqualifizierung dieser Personen im Schuljahr 2023/24 beginnen die teilnehmenden Schulen vom Schuljahr 2024/25 an in Schulnetzwerken unter der Leitung von Multiplizierenden-Tandems mit den Fortbildungen zu den Basismodulen. Jährlich finden sechs Schulnetzwerktreffen statt. Nach dem gleichen Verfahren werden im zweiten Jahr Vertiefungs- und Inhaltsmodule angeboten. Vom dritten Jahr an können sich die Lehrkräfte durch digitale Module eigeninitiativ und interessengeleitet weiter fortbilden.

In der zweiten Programm-Förderphase in den Jahren von 2028 bis 2033 werden bestehende Strukturen optimiert und die Fortbildungs- und Qualifizierungsmodule nach den gewonnenen Forschungserkenntnissen weiterentwickelt. Insgesamt ist das Programm für zehn Jahre geplant, innerhalb derer 10 000 Schulen erreicht werden sollen.

Struktur der Fortbildung und Begleitung im Schulnetzwerk.

Fünf QuaMath-Prinzipien

Unterrichtsqualität wird durch eine Vielzahl von Qualitätsmerkmalen charakterisiert, doch hat es sich in Fortbildungsprojekten als hilfreich herausgestellt, mit wenigen Qualitätsmerkmalen zu arbeiten, die dann kohärent für alle didaktischen Entscheidungen in typischen unterrichtlichen Anforderungssituationen herangezogen werden. Die folgenden fünf QuaMath-Prinzipien werden deshalb allen 27 Modulen zugrunde gelegt:

• Kognitive Aktivierung

• Verstehensorientierung

• Durchgängigkeit

• Lernenden-Orientierung und Adaptivität

• Kommunikationsförderung

Übersicht aller Module im QuaMath-Programm. Sie folgen den fünf Prinzipien.
Übersicht aller Module im QuaMath-Programm. Sie folgen den fünf Prinzipien.

Drei QuaMath-Ebenen

QuaMath adressiert sowohl die Unterrichtsebene als auch die Ebenen der Fortbildung für Lehrkräfte und der Qualifizierung für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Für alle beteiligten Akteursgruppen der verschiedenen Ebenen (Lehrkräfte, Multiplizierende und Steuernde) bietet QuaMath:

• intensive Professionalisierungsangebote (personale Strategie)

• Unterstützung durch Unterrichts-, Fortbildungs- und Qualifizierungsmaterialien (materiale Strategie) und

• Netzwerkstrukturen zur systemischen Vernetzung und Einbindung (systemische Strategie).

Struktur von QuaMath mit drei Implementationsstrategien auf drei Ebenen.
Struktur von QuaMath mit drei Implementationsstrategien auf drei Ebenen.

Begleitung durch Forschung

Das gesamte Programm wird durch Entwicklungsforschung auf Fortbildungs- und Qualifizierungsebene sowie Wirkungsforschung auf der Ebene der Lernenden und Lehrkräfte begleitet. Dabei werden unterschiedliche Schwerpunkte je nach Basis-, Vertiefungs- oder Inhaltsmodulen und nach Zielgruppen gesetzt. Ziel ist, programmbegleitend forschungsbasiert, empirisch abgesichertes Erklärungs- und Handlungswissen abzuleiten zu:

• Stand und Bedingungen der Veränderbarkeit der fortbildungsinhaltlichen• und fortbildungsfachdidaktischen Kompetenz von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren

• Gelingensbedingungen und Wirkungen ausgewählter Design- und Inhaltselemente in Qualifizierungen

• Stand und Bedingungen der Veränderbarkeit der fachdidaktischen Kompetenz von Mathematik-Lehrkräften

• Gelingensbedingungen und Wirkungen ausgewählter Design- und Inhaltselemente in Fortbildungs-/Selbstlernmodulen• Gelingensbedingungen und Wirkungen von Unterstützungsmaß-nahmen für innerschulischen Transfer

• Wirkungen der Maßnahmenbündel mehrerer Ebenen auf didaktische Kompetenz und Unterrichtspraktiken von Lehrkräften

• Wirkungen der Maßnahmenbündel mehrerer Ebenen auf die Kompetenzentwicklung von Lernenden

Begleitung auf Steuerungsebene

Komplexe ländergemeinsame Programme wie QuaMath müssen auf der Steuerungsebene intensiv begleitet werden. Innerhalb der Bundesländer arbeiten QuaMath-Landesverantwortliche und Landeskoordinierende für die Primar- und Sekundarstufe eng mit der QuaMath-Gesamtkoordination am IPN zusammen. Die Landeskoordinatorinnen und -koordinatoren wiederum arbeiten in ihren Ländern mit den Multiplikatorinnen und Multiplikatoren des Programms in den Netzwerken entsprechend ihrer Landesstrukturen. Mit dem Auftakt der Basisqualifizierung für rund 400 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus 15 Bundesländern im September 2023 ist QuaMath in der Praxis gestartet. Dieses Programm bietet die große Chance, qualitativ nachhaltig die mathematische Schulbildung zu verbessern.

Weitere Informationen rund um das QuaMath-Programm finden Sie auf der Website des Programms unter https://quamath.de

Über die Autor*innen

Dr. Svea Hallemann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am IPN  in der Abteilung Fachbezogener Erkenntnis- transfer. Die Soziologin ist stellvertretende Gesamtkoordinatorin des QuaMath- Programms. hallemann@leibniz-ipn.de
Dr. Svea Hallemann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am IPN in der Abteilung Fachbezogener Erkenntnis- transfer. Die Soziologin ist stellvertretende Gesamtkoordinatorin des QuaMath- Programms. hallemann@leibniz-ipn.de
Annett Kreuziger ist Gesamtkoordinatorin für das Programm QuaMath. Auch sie ist Mitarbeiterin am IPN in der Abteilung Fachbezogener Erkenntnis- transfer. Sie beschäftigt sich seit langem  mit Lehrkräfteprofessionalisierung als Fortbildnerin und in der Steuerung. kreuziger@leibniz-ipn.de
Annett Kreuziger ist Gesamtkoordinatorin für das Programm QuaMath. Auch sie ist Mitarbeiterin am IPN in der Abteilung Fachbezogener Erkenntnis- transfer. Sie beschäftigt sich seit langem mit Lehrkräfteprofessionalisierung als Fortbildnerin und in der Steuerung. kreuziger@leibniz-ipn.de
Prof. Dr. Hans Anand Pant ist Direktor der Abteilung Fachbezogener  Erkenntnistransfer am IPN. In seiner  Forschung widmet sich der Psychologe  unter anderem Fragen zur datengestützten Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie  zu der Validität von Kompetenzmessung  im Schul- und Hochschulbereich. pant@leibniz-ipn.de
Prof. Dr. Hans Anand Pant ist Direktor der Abteilung Fachbezogener Erkenntnistransfer am IPN. In seiner Forschung widmet sich der Psychologe unter anderem Fragen zur datengestützten Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie zu der Validität von Kompetenzmessung im Schul- und Hochschulbereich. pant@leibniz-ipn.de
Prof. Dr. Susanne Prediger ist stellvertretende Direktorin der Abteilung Fachbezogener Erkenntnistransfer am IPN. Die Mathematikdidaktikerin ist unter anderem Vorsitzende Leiterin des DZLM. prediger@leibniz-ipn.de
Prof. Dr. Susanne Prediger ist stellvertretende Direktorin der Abteilung Fachbezogener Erkenntnistransfer am IPN. Die Mathematikdidaktikerin ist unter anderem Vorsitzende Leiterin des DZLM. prediger@leibniz-ipn.de
Prof. Dr. Christoph Selter ist Professor für Mathematikdidaktik an  der Technischen Universität Dortmund und Netzwerkpartner des DZLM-Netzwerks. christoph.selter@tu-dortmund.de
Prof. Dr. Christoph Selter ist Professor für Mathematikdidaktik an der Technischen Universität Dortmund und Netzwerkpartner des DZLM-Netzwerks. christoph.selter@tu-dortmund.de

Weiterführende Literatur

Prediger, S., Selter, C., Götze, D., Hallemann, S., Holzäpfel, L., Kreuziger, A., Pant, H. A., & Rösken-Winter, B. (2024). QuaMath – Unterrichts- und Fortbildungsqualität in Mathematik entwickeln: Konzept des Zehnjahres-Programms von DZLM und KMK. Mitteilungen der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik, 116(1), 49–61.

Holzäpfel, L., Prediger, S., Götze, D., Rösken-Winter, B., & Selter, C. (2024). Qualitätsvoll Mathematik unterrichten: Fünf Prinzipien. Mathematik Lehren, 242, 2–9. https://quamath.de/dokumente/praxispublikation/142

Prediger, S., Götze, D., Holzäpfel, L., Rösken-Winter, B. & Selter, C. (2022). Five principles for high-quality mathematics teaching: Combining normative, epistemological, empirical, and pragmatic perspectives for specifying the content of professional development. Frontiers in Education, 7, Article 969212. https://doi.org/10.3389/feduc.2022.969212