Zur Rolle der Muttersprache bei logischen Fähigkeiten von Kindern und Erwachsenen: Start des DFG-ANR-Projekts BooLL

Mit einem Kickoff-Treffen an der Universität Nantes (Frankreich) begann am 11. Juli 2023 die Arbeit des internationalen Forschungsprojekts „Boolean Connectives: Probing the Interplay Between Language and Logic (BooLL)“. Das Projekt BooLL ist ein Gemeinschaftsprojekt des Laboratoire de Linguistique CNRS an der Nantes Université (Frankreich) und zwei Leibniz-Instituten, dem ZAS – Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft in Berlin und dem IPN – Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik in Kiel. Es wird im internationalen Programm zur Förderung der Forschung in den Sozial- und Geisteswissenschaften von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der französischen Partnerorganisation Agence Nationale de la Recherche (ANR) gefördert.

v.l.n.r.: Prof. Dr. Uli Sauerland (ZAS Berlin), Prof. Dr. Hamida Demirdache (LLING CNRS/Nantes Université), Prof. Dr. Aiso Heinze (IPN Kiel) © Katharina Göpel
v.l.n.r.: Prof. Dr. Uli Sauerland (ZAS Berlin), Prof. Dr. Hamida Demirdache (LLING CNRS/Nantes Université), Prof. Dr. Aiso Heinze (IPN Kiel) © Katharina Göpel

Unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Hamida Demirdache (Nantes) wurden erste Konkretisierungen des geplanten Arbeitsprogramms vorgenommen und es fand ein gemeinsames Kennenlernen der Projektbeteiligten statt. Vom IPN haben der Teilprojektleiter Prof. Dr. Aiso Heinze sowie die Projektmitarbeiterin Katharina Göpel (beide Abteilung Didaktik der Mathematik) an dem Treffen teilgenommen.

Das deutsch-französische Projekt verfolgt – gemeinsam mit weiteren Kooperationspartnerinnen aus Großbritannien und den Niederlanden – einen grundlagenorientierten interdisziplinären Forschungsansatz, mit dem Zusammenhänge zwischen der Muttersprache und logischen Fähigkeiten sowie mögliche Auswirkungen auf das Mathematiklernen untersucht werden sollen. Bei der Projektarbeit wird Expertise aus der Sprachwissenschaft, Psycholinguistik und der Didaktik der Mathematik einbezogen. In den geplanten Studien wird das Verständnis für die Boole’schen Konnektoren (NOT, AND, OR, XOR) sowie der Kombination einiger dieser Konnektoren (z. B. NOR, NAND), u. a. bei deutsch- und französischsprachigen Kindern und Erwachsenen untersucht.

Im Vordergrund stehen dabei Anforderungssituationen, in denen Logik und ihre sprachliche Interpretation voneinander abweichen können. So kann beispielsweise der sprachliche Konnektor „oder“ entweder als inklusives „oder“ (wie das OR in der Logik) oder als exklusives „entweder … oder“ (wie das XOR in der Logik) interpretiert werden. Auch bei Interpretation einer Sequenz von zwei Negationsausdrücken kann aufgrund der bisherigen Forschung eine Divergenz zwischen Sprache und Logik erwartet werden. So tendieren bestimmte Sprachen dazu, die Kombination zweier negativer Ausdrücke im Sinne der Logik als Kompensation zu verstehen (doppelte Negation), während andere Sprachen diese tendenziell als Verstärkung der Negation interpretieren (negativer Konkord). Im Rahmen von BooLL wird u. a. der Frage nachgegangen, inwieweit sich Diskrepanzen zwischen nonverbal erfassten logischen Fähigkeiten und verbal erfassten logischen Fähigkeiten zeigen und inwiefern diese Diskrepanzen von der Muttersprache, dem Alter und dem Kontext der Anforderungssituationen abhängen. Die Datenerhebung erfolgt dazu einerseits nonverbal mithilfe eines speziell entwickelten Computerspiels und andererseits verbal mithilfe von mathematischen Textaufgaben in inner- und außermathematischen Kontexten.

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