Diagnosegenauigkeit von Deutschlehrkräften in der Grundschule: Eine Frage des Antwortformats?
Artikel in Fachzeitschrift › Forschung › begutachtet
Publikationsdaten
Von | Johannes Schult, Marlit Annalena Lindner |
Originalsprache | Deutsch |
Erschienen in | Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 32(1-2) |
Seiten | 75–87 |
Herausgeber (Verlag) | Hogrefe Verlag |
ISSN | 1010-0652, 1664-2910 |
DOI/Link | https://doi.org/10.1024/1010-0652/a000216 |
Publikationsstatus | Veröffentlicht – 04.2018 |
Die Fähigkeit einer Lehrkraft, Schülerleistungen und Aufgabenanforderungen akkurat einzuschätzen, ist essenziell, um adäquate pädagogische Entscheidungen zu treffen. Bislang ist unklar, inwiefern die Diagnoseakkuratheit von Lehrkräften auch vom Format der von den Schulkindern bearbeiteten Testaufgaben abhängt. Mit Daten der Lesekompetenzdiagnostik der Vergleichsarbeiten in der 3. Jahrgangsstufe (VERA) von 2012 bis 2016 wurde fürN= 973 Grundschulklassen geprüft, ob Lehrkräfte die Schwierigkeit von Aufgaben mit geschlossenem Antwortformat (multiple-choice [MC]) vergleichbar genau einschätzen können wie für Aufgaben mit offenem Antwortformat (constructed response [CR]). Die durchschnittliche Klassenleistung (Niveaukomponente) wurde von den Lehrkräften bei CR-Aufgaben überschätzt, wohingegen die Klassenleistung bei MC-Aufgaben vergleichbar stark unterschätzt wurde. Die Korrelation zwischen Lehrkrafteinschätzung und Klassenleistung (Rangordnungskomponente) war in vier der fünf Jahre signifikant höher für CR-Aufgaben als für MC-Aufgaben. Die Diagnoseakkuratheit von Lehrkräften sollte somit nicht unabhängig vom Aufgabenformat betrachtet werden. Die Befunde werden hinsichtlich MC-spezifischer Aufgabeneigenschaften und möglicher Diagnoseprozesse diskutiert.