Corona-Pandemie: "Kleinere Lerngruppen helfen", Prof. Dr. Olaf Köller im Interview
4. Januar 2021
Prof. Dr. Olaf Köller, Geschäftsführender Wissenschaftlicher Direktor des IPN, äußert sich in einem Interview in der Welt dazu, ob es sinnvoll ist, jetzt zum regulären Schulbetrieb zurückzukehren.
Köller führt anhand der Inzidenzwerte aus, dass er es nicht für ratsam erachtet, bereits jetzt wieder zum Regelbetrieb in den Schulen zu wechseln. Seiner Meinung nach sind die Schulen allerdings immer noch zu wenig auf das Distanzlernen vorbereitet. Nach wie vor würden digitale Lerntools fehlen. Vielen Schulen fehle auch noch eine Anbindung ans Netz.
Köller übt Kritik an der Schulpolitik, sich nicht genügend auf die zweite Welle vorbereitet zu haben. Es seien zwar Tablets für Schulen angeschafft und Lernplattformen eingerichtet worden, es fehle aber an langfristigen und nachhaltigen Lösungen, damit ein flächendeckender Distanzunterricht gelingen könne.
Köller schlägt vor, in der Grundschule und in der Kita in einen Teilpräsenzunterricht zu gehen. Das heißt: kleine Gruppen, die sich möglichst nicht über den Weg laufen. Das geht seiner Meinung nach nur, wenn man die Betreuungs- beziehungsweise Unterrichtszeiten reduziert. Er würde sich in der Grundschule auf die Kernfächer konzentrieren, also auf Mathematik und Deutsch. Auf Fächer wie Musik, Religion oder Sachunterricht müsste verzichtet werden, so Köller. Der Betreuungsaufwand würde für die Eltern dann wieder steigen, aber er sehe keine Alternative. Des Weiteren empfiehlt Köller, die Lerngruppen zu verkleinern. Dieser Gedanke sei nicht neu, aber bislang nicht umgesetzt worden. Ältere Schüler sollten seiner Meinung nach grundsätzlich zu Hause lernen. Wenn die digitale Infrastruktur funktioniere und die Angebote stimmten, zeigten Studien, dass Distanzlernen für diese Altersgruppe eine gute Lösung sei. Köller mahnt, bereits jetzt die Abschlussjahrgänge in den Blick zu nehmen und Konzepte zu entwickeln, wie die Prüfungen im Frühjahr in Zeiten der Pandemie durchgeführt werden können.
Zu der Frage nach Bildungsverlusten durch die Pandemie führt Köller aus, dass inzwischen Daten aus internationalen Studien vorliegen, die zeigten, dass die Bildungsverluste für die Jüngeren am größten seien, insbesondere im fachlichen Lernen, während sie bei den älteren Schülern vergleichsweise klein blieben.
Dem Vorschlag des Deutschen Lehrerverbandes, ein Zusatzschuljahr für diejenigen einzuführen, die die Klasse wegen der Pandemie freiwillig wiederholen möchten, erteilt der Bildungsforscher eine klare Absage.